paul&swingmachine – Begegnung mit unserer Kunst-Community
Wie können wir den Kontakt in unserer Community aufrecht erhalten? Diese Frage stellen auch wir uns im Vereinsvorstand der Swingmachine Bern. In einer Zeit, in welcher unser geliebtes Social Dancing zu Social Distancing wurde, nutzen wir dieses Portrait als Möglichkeit, um unsere Vereinsmitglieder anzuschreiben und einige davon zu Wort kommen zu lassen.
Was tun wir “Swingmechs”, wenn wir uns nicht mehr an Tanzanlässen auf unkomplizierte Art und Weise begegnen können, um unsere Leidenschaft zur Swing-Musik, das Tanzen und Improvisieren zu teilen?
Bei einigen findet das Tanzen nun draussen oder innerhalb der eigenen vier Wände statt, alleine tanzend oder zu zweit in der Küche, manche trainieren privat in vertrauten Kleingruppen. Während sich eine Kursgruppe regelmässig zum virtuellen Umtrunk, der üblicherweise nach der Tanzstunde stattfände, trifft, ist wiederum anderen trotz des breiten Online-Angebots an Kursen und Parties eine andere Tätigkeit – oder ganz einfach Ruhe – an die Stelle des Tanzens gerückt.
«Tanzen ist unsere Form von Begegnung und Austausch; ein wunderbarer Ausdruck und Quelle von Lebensfreude zugleich.»
Helen
Nicht so aber ergeht es Anja, die sich den Umstand, dass viele Kurse nur noch online stattfinden, zu Nutze macht: “Ich tanze regelmässig. Im Moment nehme ich an mehr Kursen teil als vor Corona.” Sie macht an Tanzworkshops mit internationalen Teachers mit, wofür sie sonst ins Ausland reisen müsste.
Domenico ist nicht nur begeisterter Tänzer, sondern auch Organisator und DJ. In Momenten der Tanzsehnsucht arbeitet er an einer ultimativen Playliste. Sein Ziel: “Ein Tanzabend, den kein Tanzschuh unbeschadet überleben soll und der die ganzen angestauten Tanzkräfte der letzten Monate brodelnd an die Oberfläche holt, das Blut zum Kochen und das Hirn zum Beben bringt.” Auch an neuen Ideen für Tanzanlässe brütet er zusammen mit einem weiteren Vereinsmitglied.
Für Maria und Nick, die seit rund 20 Jahren Lindy Hop in Bern unterrichten, haben sich die Kurse ins digitale Tanzstudio verlagert. Der Spass am Tanzen steht bei den Kursgruppen weiterhin im Zentrum, insbesondere in der Weihnachtswoche als alle verkleidet von Engel bis Samichlaus vor den Bildschirmen mitgetanzt haben. “Das Tanzen steht in unserem Leben ganz oben, nicht nur, weil es unserer physischen sondern auch psychischen Fitness gut tut. Das viele Lachen verlängert uns das Leben.”
Begegnungen innerhalb der Swingtanzszene sind von zentraler Bedeutung. Manche dauern ein, zwei Tänze, andere entwickeln sich zu Freundschaften. Tanzen ist unsere Form von Begegnung und Austausch; ein wunderbarer Ausdruck und Quelle von Lebensfreude zugleich. “Als Tanzpaar kommt eine Komponente hinzu, die sich durch nichts ersetzen lässt”, sagt Domenico. “In einem guten improvisierten Tanz entstehen Bewegungskräfte, die ich allein niemals erleben kann.”
Nicht zuletzt organisiert sich die Swingmachine aus der Zusammenkunft begeisterter Vereinsmitglieder, die neue Ideen einbringen, Anlässe auf die Beine stellen und sich engagieren, um Freude und wiederum neue Begegnungen zu ermöglichen. Anuschka spricht für die ganze Tanzszene: “Begegnungen sind inspirierend, verbindend, berührend und machen glücklich.”
Lindy Hop, Balboa, Collegiate Shag, Boogie, Blues und Authentic Jazz sind nicht nur Swingtänze, sondern auch sehr gesellige Tänze (Social Dance). Man kennt einander, wenn man die Berner Tanzanlässe regelmässig besucht oder auch bei auswärtigen Swingtanzszenen ab und zu auf Besuch ist. Der Austausch mit bekannten und unbekannten Tanzenden, diese unkomplizierten Begegnungen in lockerer Atmosphäre fehlen genauso wie schlichtweg die Nähe zu anderen Menschen.
“Alleine Tanzen ist wie Sonne ohne Wärme”, sagt Angela. Domenico ergänzt, ihm fehlen “die Musik, die Bewegungen der Tanzpaare, die unglaublich bunte und kreative Interpretation von Musik in eine gemeinsame Tanzbewegung, das eigene Tanzen, das DJ-len, die Aufregung beim Organisieren, die Begegnungen mit den Lokalbesitzern.”
Anja hingegen tauschte sich in den letzten Monaten mehr mit Lokalbetreibern aus als sonst. Sie organisiert einen monatlich stattfindenden Tanzabend. Aufgrund der unsicheren Lage waren mehr Absprachen nötig. Auch für die Vorbereitungen eines grossen Festivals im Februar stand sie mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt, was ihr sehr gefallen hat, auch wenn das Festival schlussendlich abgesagt werden musste. “Zusammen etwas machen ist die beste Erholung”, sagt Angela, “und mit Bewegung macht es noch mehr Spass.” Maria und Nick tanzen draussen: “Hier werden wir oft von Passanten angesprochen.” Unsere Begegnungsorte verschieben sich vom Tanzparkett auf die Pflastersteine öffentlicher Plätze, in die eigene Wohnstrasse, zu Ping Pong-Tischen, zum Quartierpark oder Gemüsegarten. Auch hier trifft man auf bekannte und neue Gesichter und Geschichten. Die Swingmachine sehnt sich danach und hofft, im Frühling wieder vereint miteinander tanzen zu dürfen, vielleicht auf dem “Sockel”, den wir in den letzten Jahren als niederschwelligen Begegnungsort untereinander, aber auch mit interessierten Passanten sehr geschätzt haben.
Helen Baumann, Vorstand Swingmachine Bern
Weiter zur Kinemathek Lichtspiel
Als nächstes schickt uns die Swingmachine zur Kinemathek Lichtspiel, welche der Verein immer wieder als Gast sowie als Gastgeberin erlebt. Mit dem Bewahren und Auflebenlassen von wichtigen Dokumenten der Kultur- und Zeitgeschichte, u.a. der Tanzfilme der Swing-Ära, ist sie der Swingmachine sehr verbunden – auch während der Corona-Zeit lassen sie ihre Projektoren rattern und übertragen live aus ihrem Vorführsaal.