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paul&wunsch(T)räume – Begegnung in unserem Netzwerk

Mein Name ist Agnieszka Christen und mein Abenteuer in den Kantonalen Museen Luzern hat im August 2021 begonnen. Im Rahmen des Projektes «Wunsch(T)räume» arbeite ich als Fachperson Partizipation im Historischen Museum und im Natur-Museum. Da ich vorher im Integrationsbereich gearbeitet habe, war der museale Kontext für mich ein noch unentdecktes Terrain. Schnell merkte ich jedoch, dass mein Fokus auf Menschen, ihren Geschichte, Bedürfnisse und Wünsche, aber auch bei meiner Arbeit im Museum im Zentrum stehen würde.

Das Projekt «Wunsch(T)räume» kann bereits als Teil des neuen Konzepts gesehen werden, welches für das Museum 2021 erarbeitet wurde. Dieses Konzept bringt eine neue Ausrichtung und verschiedene Veränderungen mit sich: So gewinnt beispielsweise das Thema Partizipation deutlich an Bedeutung und wird in unserem musealen Alltag zukünftig stark präsent sein.

Das Projekt soll diese Prozesse in Gang setzen, uns eine neue Perspektive eröffnen und einen anderen Blickwinkel auf unsere Arbeit erlauben. Dies soll vor allem durch den Aufbau von Netzwerken und das Ausprobieren verschiedener partizipativer Methoden geschehen. Das Ziel dabei ist es, neue Geschichten zu erzählen, relevante Themen aufzunehmen und im Gespräch mit dem Publikum zu bleiben. Dafür müssen wir unser Museum neu denken und neu erfinden. Wir möchten die Stimmen von Besuchenden hören, mehr über ihre Interessen und Meinungen erfahren sowie wissen, welche Fragen sie aktuell beschäftigen und was sie über die Zukunft denken.

Entstehung einer Partizipationsaktion

In diesem Sinne ist die erste partizipative Aktion der Kantonalen Museen entstanden. Direkt nach meinem Start in den Museen hat sich eine tolle Gelegenheit ergeben, da der Sonderausstellungsraum im Natur-Museum aufgrund der Verschiebung einer Sonderausstellung über vier Monate leer geblieben wäre. Spontan entschieden wir uns, dass wir eine Aktion wagen wollen. Am Anfang stand die Idee im Raum, etwas Kleines, Interaktives zu machen. Nach diversen Workshops mit den Museums-Teams und dem Austausch mit verschiedenen Szenograph:innen, ist die kleine Idee zu einem Spaziergang mit zwölf Stationen gewachsen, die den ganzen Raum füllen sollte. Hierbei stand das Ziel, unsere Besuchenden besser kennenzulernen, an erster Stelle!

Wenn das Wort «Museum» nicht existieren würde, würden Menschen den Ort als Erlebnislandschaft und eine:n Erzähler:in definieren. Es könnte auch ein Labor oder ein Fluchtort sein, meinten die meisten.

Umsetzung der Aktion – Herausforderungen und Erfolge

Da es sich um eine spontane Aktion handelte, blieb für die Umsetzung relativ wenig Zeit. Es musste schnell gehen, eher niederschwellig sein, gleichzeitig aber spannend, animierend und für verschiedene Gruppen von Menschen ansprechend. Auch der Aspekt der Nachhaltigkeit war für uns sehr wichtig. Daher haben wir uns bei den einzelnen Stationen des Spaziergangs für einen Aufbau mit Kartonwänden und – platten entschieden. Ebenso versuchten wir wo möglich bereits vorhandenes Material zu verwenden. Die Besuchenden konnten an jeder Station eine Aktion ausführen und mit Pompons, Zetteln und farbigen Klebern, anhand derer wir unterscheiden konnten, ob die Antwort von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen stammte, Fragen beantworten oder eigene Botschaften in die Welt schicken. An neun Stationen stellten wir den Besuchenden verschiedene Fragen. Dazu kamen zwei Spass-Stationen, nämlich die Fotostation «Du» und die Verkleidungsstation «Du mal anderes», bei denen die Besuchenden sich von den Strapazen des Nachdenkens erholen konnten. Die letzte Station war als Feedback Lounge eingerichtet, mit Sitzgelegenheiten und einer grossen Wandtafel, an der wir die generellen Rückmeldungen zu unserer Arbeit sammeln wollten.

So entstand die begehbare, interaktive Plattform im Natur-Museum, bei der die Besuchenden im Zentrum standen und die auf eine spielerische Art und Weise mit uns in den Dialog treten konnten. Was bewegt Menschen? Was mögen sie? Was ist ihnen wichtig? Rund um diese Fragen luden wir die Besuchenden ein, uns mehr über sich zu erzählen. Die Aktion «Du bist, willst und magst!» fand zwischen dem 14. Dezember 2021 und dem 13. März 2022 statt. Danach stand die Auswertung von tausenden Zetteln auf dem Programm. Die Ergebnisse zeigen uns, wo wir in der Zukunft ansetzen können.

Inhalte und Ergebnisse

Uns war wichtig, dass wir die Besuchenden mit unterschiedlichen, spielerischen Methoden animieren konnten, an den einzelnen Stationen ihre Fragen und Antworten zu hinterlassen. So wollte an einer Station ein Baum von ihnen wissen, welche ihre dringendsten Fragen an die Natur sind. Viele haben sich bei der Natur bedankt, entschuldigt oder ihre Bewunderung geäussert. Die Beziehung zwischen Natur und Mensch wie auch die Sorge um die Zukunft kamen sehr stark zum Tragen. Es hatte aber auch herzergreifende Antworten wie z. B. «Warum hast du, liebe Natur, meine Frau so wunderschön erschaffen? ». Kinder und Jugendliche stellten Fragen an konkrete Pflanzen und Tiere und wollten wissen, wann wir auf einem anderen Planeten leben können oder was passiert, wenn die Menschen weg sind. Sie fragten auch die Natur, wann sie Ferien macht, ob sie sportlich ist und wann ihr Geburtstag ist und ob sie Party macht.

Bei einer anderen Station durften die Besuchenden Pompons in Behälter einwerfen bei denjenigen Themen, die sie am meisten interessierten. Es zeigte sich, dass sich Erwachsene vor allem mit dem Klimawandel auseinandersetzen und wissen möchten, was sie tun können, damit es der Erde besser geht. Bei den Kindern und Jugendlichen war die wichtigste Frage, welche Tiere ausgestorben sind. Der Renner für alle war die Frage danach, welche Früchte weltweit am meisten gegessen werden.

Uns interessierte auch, welche Aktualitäten Menschen beschäftigen. Bei der Station «Tagebuch» stellten wir alle zwei Wochen eine Frage dazu. Die Besuchenden haben sich mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie oder mit der Nutzung der Medien auseinandergesetzt und reflektiert, wie sich ihre persönliche Situation verändert hat. Im Tagebuch konnten sie aufschreiben, was für sie ein gerechtes Zusammenleben ist, oder worauf sie bereit wären zu verzichten, wenn es der Ukraine helfen würde.

Wir wollten auch, dass die Besuchenden in den Dialog miteinander kommen und dachten, dass es spannend ist, was Erwachsene Kindern und Jugendlichen zu sagen haben und umgekehrt. «Glaubt an euch und eure Stärken», «Bleibt euch treu und geht euren Weg» und «Bleibt kritisch» waren die Tipps der Erwachsenen an die Kinder. Die Kinder hingegen wollten, dass Erwachsene nicht so viel streiten, lustig sind, mehr spielen und im Herzen immer Kind bleiben. Auch wollen sie von den Erwachsenen «wie Menschen» behandelt werden. Es hilft, meinten die Kinder. Bei der Frage «Welche Botschaft möchtest du in die Welt hinausschicken?» steckten die Besuchenden Zettel mit ihrer Antwort in eine Flasche und durften die Flasche ins «Meer» werfen. Die meisten Botschaften bezogen sich auf Gesundheit, Frieden, Umwelt, Zusammenleben, Familie und Freunde. Viele machten anderen Mut für die Zukunft und veranlassten zum positiven Denken.

Workshops für ausgewählte Zielgruppen

Während der Dauer der Aktion führten wir begleitete Besuche und Workshops für gezielte Gruppen durch. Zu Gast bei uns waren Gruppen von Senior:innen, Jugendlichen, Migrant:innen oder Menschen mit Beeinträchtigungen. Während dieser Begegnungen konnten wir auf gewisse Themen vertiefter eingehen und uns austauschen. Wenn das Wort «Museum» nicht existieren würde, würden Menschen den Ort als Erlebnislandschaft und eine:n Erzähler:in definieren. Es könnte auch ein Labor oder ein Fluchtort sein, meinten die meisten.

Es stellt sich heraus, dass Menschen bei uns staunen wollen, aber auch irritiert werden möchten. Sie wünschen sich Anregungen, Denkanstösse mit Bezug zu ihrem Alltag. Für Senior:innen sind auch die kontroversen Themen relevant, Widersprüche sollen aufgezeigt werden. Persönliche Erinnerungen und Geschichte sind ihnen dabei wichtig. Es soll ‘ein Lichtli’ aufgehen. Mittagstische und Kino fanden ebenfalls viele der Teilnehmenden toll. Jugendliche haben sich zudem eine Auffangstation gewünscht, was im Gegensatz zu den zuvor genannten Ideen eher schwierig sein wird, aber es zeigt, dass sie sich für den Schutz der Tiere interessieren. Migrant:innen würden gerne ihre Talente zeigen – dies auch im Sinne eines Empowerments.

Mit den Ergebnissen der Aktion werden wir uns im Team beschäftigen und prüfen, wie wir sie einbeziehen können, was sie für uns bedeuten, welche Themen wir aufnehmen und welche Vorschläge wir umsetzen können. Im Anschluss planen wir noch eine Online-Aktion, in der wir bestimmte Themen wieder aufgreifen und noch gezielter nachfragen werden. (https://www.museenluzern.ch/de/aktuell)

Text: Agnieszka Christen

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