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paul&Jungkunst – Begegnung in unserem Netzwerk

Obwohl unsere Ausstellung nur vier Tage dauert, stehen wir über ein halbes Jahr in intensivem Austausch mit den Künstler:innen. Ein wertvoller Austausch innerhalb der Szene. In diesem Jahr konnten wir 25 vielversprechende Künstler:innen an die Jungkunst bringen.

Andrina

Liv: Andrina, wir wurden vom museum schaffen und paul&ich dazu eingeladen, über Partizipation bei der Jungkunst zu sprechen. Ein spannendes Thema, das bei uns intern und aktuell immer wieder Grund für Diskussionen ist. Kein unbeschriebenes Blatt also, diese Auseinandersetzung. Welche Rolle nimmst du bei der Jungkunst ein?

Andrina: Mein Name ist Andrina Keller und bin die Koordinatorin Kuration bei der Jungkunst. Meine Aufgabe ist es, die Anmeldung, die Auswahl der Kunstschaffenden, die Atelierbesuche und dann schlussendlich die Kuration zu koordinieren. Der wichtigste und schönste Teil ist aber den Austausch mit den Künstler:innen zu führen, sie in ihrer Arbeit zu unterstützen und für unsere Ausstellung zu begleiten. Was ist deine Aufgabe bei der Jungkunst, Liv?

Liv: Ich bin seit drei Jahren bei der Jungkunst und Verantwortlich für Medien und Kommunikation. Zudem sind wir beide, Andrina und ich, auch Teil des Vorstands im Verein Jungkunst und deshalb auch bei strategischen Fragen, z.B. wohin sich der Verein weiterentwickelt oder wie er aufgebaut ist, im Austausch. Die Jungkunst ist als Verein organisiert und zählt ein 30-köpfiges OK, welches das Festival einmal jährlich auf die Beine stellt. Die Jungkunst ist ein viertägige Kunstausstellung und zeigt Werke junger Kunstschaffender aller Stilrichtungen. Dazu machen ein sattes Programm mit Konzerten, Kulinarik, Tanz und Theater aus der Ausstellung ein vielseitiges Kunstfestival für Liebhaber:innen und Kunstneulinge gleichermassen.

Das ist eines unserer Ziele: Zugang zu ermöglichen und zu vereinfachen, Berührungsängste abzubauen. Das schaffen wir im lockeren Festival-Setting in der Halle 53, einer alten Industriehalle der Sulzer, ganz gut. Es ist sozusagen das Kontrastprogramm zum White Cube. Bei uns schlendert man schon mal mit einem Bier durch die Ausstellung, während im Hintergrund der Soundcheck fürs anstehende Konzert läuft. Was aber klar ist, die Förderung junger Künstlerinnen und Künstler ist der zentrale Bestandteil der Jungkunst

Liv

Andrina: Wie meinst du das, für Liebhaber:innen und Kunstneulinge?

Liv: Die Jungkunst hat den Anspruch ein breites Publikum anzusprechen. Also jene, die kunstinteressiert sind, sich womöglich in der Szene etwas auskennen aber auch solche, die sonst nicht wirklich viel am Hut haben mit zeitgenössischer Kunst. Das ist eines unserer Ziele: Zugang zu ermöglichen und zu vereinfachen, Berührungsängste abzubauen. Das schaffen wir im lockeren Festival-Setting in der Halle 53, einer alten Industriehalle der Sulzer, ganz gut. Es ist sozusagen das Kontrastprogramm zum White Cube. Bei uns schlendert man schon mal mit einem Bier durch die Ausstellung, während im Hintergrund der Soundcheck fürs anstehende Konzert läuft. Was aber klar ist, die Förderung junger Künstlerinnen und Künstler ist der zentrale Bestandteil der Jungkunst. Wir sind Plattform für junges Kunstschaffen und Sprungbrett für junge Künstler:innenkarrieren.

Andrina: Diese Plattform wird auch gut wahrgenommen. Die Resonanz auf den diesjährigen Open Call war riesig. Wir erhielten knapp 470 Portfolio-Einsendungen. So viele hatten wir noch nie auf unseren Tischen liegen. Es macht uns deutlich, wie viele Jungkünstler:innen da draussen sind, die etwas zu zeigen haben. Wir haben aber auch Bereiche, an denen wir konstant schrauben und noch viel Potenzial besteht.

Liv: Gerade wenn es um’s Schaffen von Begegnungen geht, richtig?

Andrina: Ja. Ich denke, das ist eine der schönsten Herausforderungen, der wir uns immer wieder stellen wollen und müssen: Wie schaffen wir es, den Kunstkontext an ein breites Publikum zu vermitteln, einen Dialog herzustellen?

Beispielsweise bieten wir klassische Formate, wie öffentliche Kunstführungen, an. Diese finden während den vier Tagen statt und werden von uns Kurator:innen geführt. Und klar kommt man da in einen Austausch, es ergeben sich Gespräche zwischen den Teilnehmenden und den Kurator:innen. Zusätzlich publizieren wir einen Kunstkatalog, der sich in der Form von Texten mit der ausgestellten Kunst auseinandersetzt. Alle diese Formate nehmen eine ähnliche Perspektive auf die Kunst ein und sind grundsätzlich geprägt durch das Senden von Informationen in eine Richtung.

Liv: Ja, genau. Deshalb sind wir momentan daran, neue Formate auszuprobieren und versuchen unser Angebot noch partizipativer zu gestalten, so dass Austauschbeziehungen entstehen können und mehrere Perspektiven zum Zug kommen. Die Jungkunst soll eine Ausstellung sein, zu der Alle einen Zugang zu jungem Kunstschaffen finden können. Darüber hinaus ist es uns auch wichtig, dass die Besucher:innen auch die Perspektive der Künstler:innen einnehmen können. Den Perspektivenwechsel schaffen wir seit letztem Jahr ganz konkret durch Audios, die die Jungkünstler:innen selbst aufnehmen und während der Ausstellung von allen Besucher:innen vor der jeweiligen Position selbständig abgespielt werden können. Wie gehst du dabei vor, wenn du den Auftrag an die Künstler:innen heranträgst?

Andrina: Uns ist es wichtig, dass es ein Audio ist, dessen Inhalt frei von den Jungkünstler:innen bestimmt ist. Wir geben lediglich an, in welchem Zeitrahmen es sich bewegen soll. Die einen gehen dann didaktisch vor und erzählen der Reihe nach, vor was sich die Betrachtenden gerade befinden. Andere wiederum kreieren begleitende Soundeffekte als Kulisse, die man sich während der Betrachtung anhören kann. So schaffen wir es, dass die Besucher:innen direkt mit den Stimmen der Künstler:innen in Kontakt kommen. Dieser Kontakt ist sonst nicht garantiert gegeben während der Jungkunst, da nicht immer alle Künstler:innen vor Ort sind und mit allen Besucher:innen über ihre Exponate sprechen können.

Wir spüren auch vermehrt die Lust der Kunstschaffenden, durch ihre Werke mit dem Publikum aktiv in einen partizipativen Austausch zu treten.

Andrina

Liv: Ich bin gespannt, welche Spielräume für verschiedene Formen von Interaktion und Partizipation sich uns noch auftun. Wie siehst du den Drang nach Austausch seitens der Kunstschaffenden?

Andrina: Für die Künstler:innen ist die Jungkunst ein wichtiger Ort um mit einem breiten Publikum in Kontakt zu treten. Die Festivalform und die dadurch auch sehr konzentrierte Zeitdauer von einem verlängerten Wochenende bieten dafür die geeignete Plattform. Wir spüren auch vermehrt die Lust der Kunstschaffenden, durch ihre Werke mit dem Publikum aktiv in einen partizipativen Austausch zu treten. Dies zum Beispiel sehr schön zu sehen in der Arbeit von Thi My Lien Ngyuen, bei welcher sie das Publikum an der diesjährigen Jungkunst dazu einlädt, mit ihr gemeinsam an einem traditionellen vietnamesischen Essensritual als Kunstaktion teilzunehmen. Wo siehst du die grösste Herausforderung im Entwickeln neuer Formate für die Kunstvermitttlung?

Liv: Sie auszuprobieren und zu etablieren braucht Zeit. Es spielt uns daher natürlich nicht sonderlich in die Karten, dass wir nur einmal jährlich stattfinden. Die Zeitspanne zur Korrektur und Evaluation ist sehr lange, wenn wir etwas in diesem Jahr ausprobieren und im nächsten eine leichte Adaption vornehmen.

Andrina: Wir schaffen aber auch Begegnungen unter dem Jahr und nicht nur während den vier Festivaltagen.

Liv: Das ist eine unserer Stärken! Ihr in der Kuration seid ab März konstant im Austausch mit den Künstler:innen.

Andrina: Ja, denn obwohl unsere Ausstellung nur vier Tage dauert, stehen wir über ein halbes Jahr in intensivem Austausch mit den Künstler:innen. Die Prozesse der Jungkunst sind in dem Sinne einzigartig, dass wir aus allen Portfolio-Einsendungen eine Vorauswahl machen und dann die Künstler:innen in ihren Ateliers in der ganzen Schweiz besuchen. Ein wertvoller Austausch innerhalb der Szene. In diesem Jahr konnten wir 25 vielversprechende Künstler:innen an die Jungkunst bringen.

Charlotte Schaer, Junstkunst 2020.
Marina Woodtli, Jungkunst 2020.
Kushtrim Memeti, Jungkunst 2020.

Fotos: Timo Schaub/Jungkunst


Weiter ans Haus der Fotografie

Liv: Wo geht’s als nächstes hin, Andrina?

Andrina: Zum Haus der Fotografie in Olten. Stefanie Amstutz aus der Kunstvermittlung baut gerade ein Vermittlungsprogramm auf.

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