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paul&planetopia – Begegnung in unserem Netzwerk

Wir sind Alexandra Heini und Ueli Schenk. Im Museum für Kommunikation sind wir für «Planetopia – Raum für Weltwandel» verantwortlich. In diesem Projekt setzen wir uns in den kommenden zwei Jahren mit der ökologischen Krise auseinander. Wir wollen in einem gross angelegten Dialog mit vielfältigen Akteurinnen und Akteuren – Laien und Fachleuten – über unseren Umgang mit der Natur sprechen und erkunden, wie verantwortungsbewusstes Leben in der Zukunft aussieht. Partizipation und Teilhabe sind zentrale Elemente des Vorhabens, denn die Umweltprobleme können wir nur gemeinsam lösen.

US: Alexandra, denkst du, wir bewirken etwas mit unserem Projekt «Planetopia – Raum für Weltwandel»?

AH: Ja! Ich bin überzeugt davon, dass wir etwas Wichtiges vorhaben. Klar, den grossen gesellschaftlichen Wandel wird ein Museumsprojekt allein nicht anstossen, aber ein Beitrag unter vielen ist es auf jeden Fall. Wenn wir es schaffen, dass in «Planetopia» ganz viele echte, ernstgemeinte Gespräche stattfinden, glaube ich, dass sich die Erkenntnisse der Menschen, die mitmachen, über die Museumsmauern hinaus verbreiten werden. Was meinst du dazu? Sehe ich das zu idealistisch?

US: Na ja, ich bin ja eher ein Pessimist.

AH: Ich nicht! Dazu habe ich mich bewusst entschieden.

US: Ich traue uns Menschen, ehrlich gesagt, schlicht nicht zu, dass wir bei der Ökokrise innert nützlicher Frist die Kurve kriegen. Der Mensch ist zu egoistisch. Aber deshalb einfach zu sagen, hat eh keinen Sinn, fände ich auch etwas billig. Mit Planetopia können wir den Leuten einen Floh ins Ohr setzen. Wenn ich mit jemandem über unseren Umgang mit der Natur plaudere, setze ich irgendetwas in Gang, da bin ich sicher.

AH: Das Stichwort plaudern gefällt mir hier. Statt zu predigen, zu drohen oder zu fordern möchten wir ja auf Augenhöhe und unverkrampft miteinander sprechen – für mich ist das ganz entscheidend, um die Flöhe zum Hüpfen zu bringen. Bei mir selbst merke ich, dass ich bei diesem Projekt weniger Distanz zum Thema habe. Die Zukunft geht mich etwas an und ich möchte sie mitgestalten, das beeinflusst, wie ich meinen Job betrachte.

Statt zu predigen, zu drohen oder zu fordern möchten wir ja auf Augenhöhe und unverkrampft miteinander sprechen – für mich ist das ganz entscheidend, um die Flöhe zum Hüpfen zu bringen.

Alexandra Heini

US: Eigentlich war das die Initialzündung für das Projekt: dass das Persönliche und das Berufliche zusammenfanden. Ich erlebte eine Reihe aussergewöhnlich heisser und trockener Sommer, merkte, dass da was am Kippen ist, und wunderte mich, warum nicht alle panisch durcheinanderrennen, warum nicht längst auf breiter Basis gehandelt wird. Und dann wurde mir bewusst, dass ich ja an einem Ort arbeite, der sich geradezu anbietet, um etwas in Gang zu setzen, zu unterstützen, Leute zusammenzubringen. Ich bin ja auch nicht ganz der einzige, der das Potenzial des Museums in dieser Richtung ausloten will. Da passiert an vielen Orten viel Spannendes.

AH: Da hast du Recht. Mein Eindruck ist auch, dass viele Museen sich nicht mehr als Musentempel unserer Vorväter sehen …

US: … ein Konzept von gestern…

AH: … sondern sich ernsthaft und innovativ Gedanken zu ihrer gesellschaftlichen Rolle machen. Das ist in meinen Augen eine grosse Chance, denn Museen sind tolle Bildungs- oder Kulturorte, die vielen verschiedenen Menschen etwas anbieten können. Besonders der Transfer von Forschungswissen in eine breitere Gesellschaft kann in Ausstellungen und Museumsprojekten auf eine viel direktere Weise stattfinden.

US: Wenn wir unsere Rolle ernst nehmen, dann läuft der Transfer auch in der umgekehrten Richtung: Das Alltagswissen, die Lebenserfahrungen der Leute, die zu uns kommen, die wir begegnen, ist ebenso wertvoll und nützlich wie das Fachwissen von Expertinnen. Die bringen alle enorm viel mit. Deshalb verstehe ich das Museum als Plattform für den Austausch. Ich glaube, du magst den Begriff nicht so, oder?

AH: Versteh mich nicht falsch, den Gedanken, vielen eine Bühne zu bereiten und den Scheinwerfer auf Ideen und Menschen zu richten, finde ich spannend und wichtig. «Plattform» ist mir einfach zu schwammig. Für mich ist das ein Begriff, der schön tönt, aber nicht genau benennt, worum es mir geht – nämlich konsequente Öffnung und Beteiligung der Nutzenden, eine radikale Übertragung der Deutungshoheit. Allerdings schlottern mir auch die Knie, denn: Wie machen wir das jetzt eigentlich?

US: Ja, das geht mir auch so. Im Projekt Planetopia wollen wir in erster Linie den Dialog pflegen. Das bedeutet, ich muss den sicheren Boden des klassischen Ausstellungenmachens verlassen und mich auf Prozesse einlassen, wo ich weniger Erfahrung habe und die nur bedingt planbar sind. Eigentlich ist es ja etwas völlig Menschliches und Grundlegendes: zusammen reden. Mir steht aber manchmal der eigene Museumskopf im Weg. Ich versuche nun vermehrt, Dinge einfach zuzulassen, passieren zu lassen.

Im Projekt Planetopia wollen wir in erster Linie den Dialog pflegen. Das bedeutet, ich muss den sicheren Boden des klassischen Ausstellungenmachens verlassen und mich auf Prozesse einlassen, wo ich weniger Erfahrung habe und die nur bedingt planbar sind.

Ueli Schenk

AH: Das ist ja gar nicht so leicht…

US: Nein, aber es funktioniert. Im September 2020 fand der «Rise up for Change» statt, die Besetzung des Bundesplatzes durch die Klimastreikenden. Wir steckten da mit dem Projekt in einer ersten Experimentierphase. Ariane, unsere damalige Praktikantin, beteiligte sich an einer Aktion des «Rise up», wo Hochbeete im öffentlichen Raum platziert wurden. Ariane sorgte dafür, dass unser Museum nach der Aktionswoche vier dieser Hochbeete übernehmen konnte, die stehen jetzt bei uns auf der Promenade. Geplant war, über den Quartieranzeiger «Quavier» Leute für die Betreuung der Hochbeete zu finden. Leider verpasste ich den Redaktionsschluss, also stellte ich vorn bei der Strasse ein Schild auf: Wir suchen Leute aus dem Quartier, die ein Hochbeet betreuen möchten. Der Ansturm war nicht riesig, aber wir fanden für jedes Beet eine Gärtnerin oder einen Gärtner. Bei der Übergabe gab’s einen kleinen, coronakonformen Apéro, und nun sind die vier Leute mit Begeisterung daran, vor dem Museum Sellerie, Radieschen, Erdbeeren, Salbei, Gurken und vieles mehr zu züchten. Was da entstanden ist, berührt mich.

AH: Mir gefällt das auch, darum habe ich mich gemeldet, um beim Giessen zu helfen, damit nichts kaputt geht.

US: Da sieht man mal, in welche Richtung sich Museumsarbeit dank Partizipation entwickelt. «Sie arbeiten im Museum für Kommunikation? Was machen Sie denn da so?» – «Na, zum Beispiel Gemüsebeete giessen.»

AH: Ich wünsche mir, dass wir viele solche Geschichten erleben und hoffentlich an einen Punkt kommen, wo wir gar nicht mehr diejenigen sind, die etwas anzetteln, sondern dass Leute, die aktiv werden wollen, auf uns zukommen.

US: Genau, und dass wir das ermöglichen und unterstützen, mit unserer Infrastruktur und unseren Leuten hier am Haus. – So, genug geplaudert. Wen soll Paul als nächstes besuchen?

AH: Ich finde, es ist Zeit, mal über Bern hinauszublicken. Vor ein paar Jahren besuchte ich im Museum Schaffen in Winterthur das Projekt «Zeit.Zeugen.Arbeit». Daran habe ich sehr gute Erinnerungen, weil es dort ein Dialogangebot gab, das ich sehr sympathisch fand. Gerade beschäftigt sich das Museum ausserdem mit Fragen zur Zukunft des Arbeitens und zu den industriellen Revolutionen, ein Thema, das auch für die Lösung der ökologischen Krise wichtig ist. Und wer weiss, vielleicht haben sie ja schon das nächste Partizipationsprojekt in der Pipeline.

Lust, gleich selber mitzureden?

Am 18. Juni 2021 findet im und ums Museum für Kommunikation ein partizipativer Workshop für Erwachsene mit Expert*innen zu den grossen Klimafragen statt. Alle Infos und Anmeldung unter https://www.ta-swiss.ch/focus-climate


Weiter an Museum Schaffen

Alexandra und Ueli schicken uns weiter zum Team vom Museum Schaffen. Wir freuen uns bereits auf diesen Austausch.

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