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paul & Migros Museum für Gegenwartskunst – Begegnung in unserem Netzwerk

Ein herzliches Hallo aus dem Migros Museum für Gegenwartskunst!

Wir sind Tasnim Baghdadi (tb), Leiterin Vermittlung und Programme und Cynthia Gavranic (cg), Kunstvermittlerin im Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich.

(tb) Seit dem 1. März und noch bis 1. Juli 2022 sind wir als Projektleiterinnen des Partizipationsprojekts SCREW IT. I’M GONNA START MY OWN PLANET im Rahmen des Blickfelder Festivals beteiligt, das vom 9. bis 19. Juni 2022 in Zürich stattfinden wird. Das Festival präsentiert in Zürcher Kulturbetrieben Theater, Tanz, Film, Musik, Bildende Kunst oder Literatur und macht sie ab dem Kindes- und Jugendalter zugänglich. Durch internationale Produktionen, künstlerische Arbeiten von Kulturschaffenden und Schulklassen oder durch das vielfältige Kulturprogramm und Mitmachangebote auf dem Festivalzentrum.

Wir erachten die Begegnung zwischen unserem Museum und Besucher:innen, Nutzer:innen sowie Akteur:innen als zentral für unsere Weiterentwicklung.

Tasnim Baghdadi

(tb) Ein zentraler Fokus des Migros Museum für Gegenwartskunst liegt beim gesellschaftlichen Engagement, wie es auch vom Migros-Kulturprozent, zu dem das Museum gehört, gefördert wird. Partizipation sowie soziale und kulturelle Diversität sind Kern unserer Tätigkeit. Die Vielfalt künstlerischer Ausdrucksweisen stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und wir vernetzen uns aktiv im Quartier sowie mit lokalen Kunst- und Kulturschaffenden, um neue Zugänge zum Museum und zur Gegenwartskunst zu ermöglichen und um von der jeweiligen Praxis zu lernen. Wir erachten die Begegnung zwischen unserem Museum und Besucher:innen, Nutzer:innen sowie Akteur:innen als zentral für unsere Weiterentwicklung. An unserem Projekt sind darum unterschiedliche Akteur:innen beteiligt, was es für uns besonders spannend und lehrreich macht: Der in Zürich lebende Künstler Benjamin Egger hat das Projekt konzipiert und arbeitet auch aktiv mit den Schulkindern.

Benjamin Egger während eines Workshops
«Screw it. I’m gonna start my own planet» Ein partizipatives Kunstvermittlungsprojekt des Künstlers Benjamin Egger in Zusammenarbeit mit der Schule Schütze, dem Migros Museum für Gegenwartskunst und dem Festival Blickfelder 22
Kinder erproben verschiedene Materialien.
«Screw it. I’m gonna start my own planet» Ein partizipatives Kunstvermittlungsprojekt des Künstlers Benjamin Egger in Zusammenarbeit mit der Schule Schütze, dem Migros Museum für Gegenwartskunst und dem Festival Blickfelder 22

(cg) Die Schule Schütze, die sich im Quartier des Museums befindet, ist mit zwei 5./6. Primarklassen und zwei Kindergartenklassen dabei. Die vier Lehrpersonen Sabine Duarte, Christian Strupler, Sivan Dolev und Chantal Dreier, bringen ihre pädagogische Expertise ein. Silvia Hildebrand ist unsere Projektkoordinatorin seitens des Blickfelder Festivals. Sie bildet die Schnittstelle zwischen allen Beteiligten.

(tb) Die Kinder sind in unserem Projekt natürlich zentral. Die beiden Primarklassen arbeiten seit dem 1. März wöchentlich während ihrer BG-Doppellektion am Projekt, meistens im Museum, während die Kindergartenklassen punktuell dabei sind. Dabei ist uns wichtig, dass sich die Jüngeren und Älteren das Projektthema auch in der Peer-to Peer Methode gegenseitig vermitteln. Doch das Projekt richtet sich ebenso an Fachkreise aus dem Bildungswesen, an Kunstschaffende und auch an Kunstinstitutionen.

(cg) Benjamin und ich leiten gemeinsam die Workshops im Eventraum des Museums, den wir für die Dauer des Projekts quasi gekapert haben. Und wir sind schon sehr gespannt auf die Intensivwoche mit den fünfzig Primarschüler:innen, die vor der Eröffnung des Festivals im Museum stattfinden wird und während derer wir täglich von 9-16 Uhr am Projekt arbeiten.

Gemeinsames Entwickeln einer fiktiven Spezies.
«Screw it. I’m gonna start my own planet» Ein partizipatives Kunstvermittlungsprojekt des Künstlers Benjamin Egger in Zusammenarbeit mit der Schule Schütze, dem Migros Museum für Gegenwartskunst und dem Festival Blickfelder 22
Modellieren einer Spezies «Screw it. I’m gonna start my own planet» Ein partizipatives Kunstvermittlungsprojekt des Künstlers Benjamin Egger in Zusammenarbeit mit der Schule Schütze, dem Migros Museum für Gegenwartskunst und dem Festival Blickfelder 22

Wie gestaltet sich das Projekt?

Ausgangslage in Benjamin Eggers SCREW IT. I’M GONNA START MY OWN PLANET ist, dass unsere Erde einen Klimakollaps erleiden wird. Die Kinder erschaffen im Eventraum einen neuen Planeten samt fiktiver Spezies, der dann auch vom Museumspublikum besucht werden kann.

(tb) Dieses künstlerische Nachhaltigkeitsprojekt möchte für ökologische Zusammenhänge sensibilisieren, indem die Kinder zunächst existierende Lebewesen erforschen, um danach gestalterisch kreativ zu werden. Sie erfahren auf experimentelle und spielerische Weise ein Bewusstsein für die Umwelt und andere Lebensformen.

(cg) Dabei ist Benjamin die Vielfalt der künstlerischen Verfahren wichtig: Er regt die Kinder zum Recherchieren, Skizzieren, Modellbauen und dessen Umsetzung im Eventraum an. Sie kreieren ihre Spezies, schneidern Kostüme und stellen sie performativ dar. Stets geht es darum mit Materialien wie Latex oder Bio-Resin, die nicht aus dem Schulalltag stammen – Kreativität wie auch Lösungsorientierung zu fördern.

Speziesmodell

Silvia vom Blickfelder-Komitee sagt: «Partizipative Kunstprojekte mit Schulen sind ein Abenteuer.»

Tasnim Baghdadi zitiert Silvia Hildebrand

(tb) Wir verstehen Partizipation hier als Experimentierfeld und wollen sie in der Praxis erproben. Das heisst, wir stellen uns der Herausforderung, uns mit rund hundert Kindern von vier bis zwölf Jahren auf prozessoffene Monate einzulassen und verschiedene Arbeitsphasen gemeinsam zu erproben. Dabei möchten wir die Kinder und Lehrpersonen auf Augenhöhe einbeziehen und gleichzeitig einer gewissen künstlerischen Ästhetik gerecht werden – das ist nicht immer ganz einfach. Doch wie Silvia vom Blickfelder-Komitee sagt: «Partizipative Kunstprojekte mit Schulen sind ein Abenteuer.»

Benjamin: «Einige Kinder baten zu Beginn um Radiergummi und Bleistift, sie wollten ja nichts «falsch» machen. Ich will sie zu künstlerischer Freiheit und zu Fehlern ermutigen, weg vom ständigen gümmele

Tasnim Baghdadi zitiert Benjamin Egger

(cg) Wir haben zwar Rollen und Erwartungen aller Beteiligten im Vorfeld geklärt, doch die Bedürfnisse sind in einem stetigen Prozess begriffen uns alles braucht Zeit und Raum. Wir haben festgestellt, dass einige Primarschüler:innen dachten, dass sie einfach eine Art Zeichenunterricht im Museum haben. Dadurch, dass sie im Rahmen der Schule mitmachen, sind sie auch nicht völlig freiwillig dabei. Einstehen für eigene Ideen und das Aushalten von Ungewissheiten, welche der partizipative Prozess mit sich bringt, war für manche Kinder bisweilen eine Überforderung. So haben wir in Absprache mit den Lehrpersonen beispielsweise beschlossen, dass es ästhetische Bereiche gibt, in denen Benjamin selbst bestimmt, dies allerdings transparent kommuniziert.

(tb) Ich möchte hierzu noch gerne Benjamin zitieren: «Einige Kinder baten zu Beginn um Radiergummi und Bleistift, sie wollten ja nichts «falsch» machen. Ich will sie zu künstlerischer Freiheit und zu Fehlern ermutigen, weg vom ständigen «gümmele.»

(cg) Die Lehrpersonen haben das positiv aufgenommen, denn sie sehen den Möglichkeitsraum, den das Projekt ohne die ganzen Schulstrukturen eröffnet. Hier können sie in einem kreativen Prozess flexibel agieren. Sie erleben manche ihrer Schüler:innen im Museum von einer neuen Seite. Das ist für uns alle eine Überraschung, wie sich manche Kinder hier entwickeln.

Einstehen für eigene Ideen und das Aushalten von Ungewissheiten, welche der partizipative Prozess mit sich bringt, war für manche Kinder bisweilen eine Überforderung.

Cynthia

(cg) Am meisten Respekt haben wir gerade vor der Festival-Präsentation sowie dem Planetenraum im Museum. Der Partizipationsprozess soll einerseits ergebnisoffen sein, andererseits soll das Projekt einen visuellen Ausdruck finden. Das kann bei den Kindern auch Druck erzeugen. Wir möchten sie entlasten, indem wir betonen, dass das Projekt ein Experiment für uns alle darstellt.

(tb) Am Freitag, 10. Juni um 17.30 Uhr kann man sich auf dem Turbinenplatz in Zürich vom Ergebnis überraschen lassen. Wir sind schon sehr gespannt, wie dieser positive und bereichernde aber auch anspruchsvolle Prozess weitergeht!

(cg) Ich freue mich, weil unser Projekt im immer wichtiger werdenden Bereich der Partizipation in der Museumslandschaft zu verorten ist. Ich war deshalb im März auch an der Partizipationstagung «Workshop P» von paul&ich.

(tb) paul&ich ist ein wichtiges Projekt und zeigt vorbildlich, wie ein Museum partizipative Arbeit konsequent über Jahre verfolgt und sich dabei weiterentwickelt.


Fotos: Benjamin Egger und Raphael Stucky


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